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POLITICS

Körperpolitik / Body Politics

Worum geht's beim IKSK?
von Anna Mense & Felix Ruckert

(english text below)

Die Vision
Der Körper ist historisch gesehen ein komplexes Problemfeld, innerhalb dessen umfassende Diskriminierung und großflächige Ausschluss- und Sanktionierungsmechanismen stattgefunden haben. Dazu gehören die Diskriminierung (i) der Hautfarbe und des Bluts in Form von Rassismus, (ii)  des Geschlechts in Form von Sexismus, (iii) des Begehrens in Form von Homophobie, (iv) des Alters in Form von Altersdiskriminierung und (v) der verminderten Leistungsfähigkeit in Form von Ableismus. Das sind sowohl historische als auch gegenwärtige Phänomene, die Mitglieder einer nationalen oder globalen Gesellschaft voneinander trennen. Gleichermaßen verweisen jene Phänomene auf die zentrale Rolle des Körpers in der Gesellschaft und sie motivieren die Frage, warum Leiblichkeit und das Verhältnis zum eigenen Körper sowie zum Körper anderer Personen derartig problembehaftet ist, dass über Generationen und Kulturgemeinschaften hinweg systematisch und strukturell Unrecht produziert worden ist.

Das Projekt Institut für neue Körperforschung und sexuelle Kultur glaubt, dass die elementare Erfahrung körperlicher Pluralität, das heißt Pluralität und Vielfalt mit Blick auf u.a. ethnische Herkunft, Körperform, Alter, Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung, die Akzeptanz von Andersartigkeit und Vielfalt überhaupt fördert. Dies stellt die Möglichkeit in Aussicht, dass die Akzeptanz von Vielfalt den Körper betreffend auch zur Lösung weiterer sozialer Konflikte beitragen kann, wie beispielsweise in den Bereichen sozio-ökonomischer Ungerechtigkeit, sozialer Segregation, Gewalt aufgrund von Geschlecht oder Kriminalität. Die Philosophin und Kriegsjournalistin Carolin Emcke macht in ihrem Text Gegen den Hass mit Bezug auf Hannah Arendt darauf aufmerksam, dass die Genese von Selbst- und Fremdverständnis im Wechselwirkungsprozess stattfindet. Personen etablieren ihre Identität, auch ihre sexuelle Identität, nicht für sich alleine in Isolation, sondern im Miteinander mit anderen Personen. In dieser Abhängigkeit von einander besteht laut Emcke eine besondere Verletzlichkeit.

Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit eines vielseitigen Lernraums, innerhalb dessen zum einen die Möglichkeit gegeben ist, das individuelle körperliche Selbstverhältnis zu erfahren, zu erforschen und zu entwickeln. Zum anderen ermöglicht ein solcher Lernraum körperliche Begegnungen zwischen Personen, um körperliches Fremdverstehen zu fördern. Deswegen lohnt es sich einen Selbsterfahrungsraum wie das private Schlafzimmer, das u.a. die Möglichkeit zur Autoerotik bietet, zumindest nicht kategorisch von einem geschützten semi-öffentlichen Bereich zu trennen, in dem Begegnungen zwischen mehreren Personen möglich sind. Gelungene körperliche und sinnliche Begegnungen entstehen auf der Grundlage kultivierter Handlungsstrategien aus dem Wechselwirkungsprozess von Selbst- und Fremdverständnis.
Aufgrund der Komplexität des Lernraums, die sich aus der Komplexität der Sache von Leiblichkeit, schambehafteter Sexualbiographie, erlebter Gewalt, tabuisierter Kommunikation und mangelnder Sexualerziehung ergibt, hat Schutz einen besonderen Stellenwert für uns. Das Institut für Körperforschung möchte der Sache angemessen etwas wagen, aber auch einen sicheren Raum kreieren, der jeder Person mit ihren jeweiligen Bedingungen Schutz bietet. Das ist ein Raum der Anerkennung, in dem alle Personen, auch jene, die gängigen Attraktivitätsnormen nicht entsprechen, akzeptiert, berücksichtigt und integriert werden; ein Raum, in dem sinnlich-perzeptuelle und sinnlich-erotische Erfahrungen möglich sind, die zur Zufriedenheit und zum guten Leben von Personen beitragen – ein Raum, der ein friedliches Miteinander von Personen als sexuelle Wesen, einübt und kultiviert. Die Perspektiven, Fähigkeiten und Einsichten, die es für die Etablierung eines solchen sexpositiven Lernraums bedarf, zeigen auf, dass Sexpositivität nicht hinreichend bestimmt ist, wenn allein auf die Wertschätzung oder Förderung sexueller Handlungen verwiesen wird. Sexpositivität als eine  Einstellung und gesellschaftspolitische Haltung, adressiert die Fragen wie wir sein und miteinander leben wollen, wie wir Verbindungen eingehen und aufrecht erhalten können und wie wir uns selbst sowie einander Gesellschaft genießen und freudvoll erleben können. Eine in diesem Sinne integrierte Sexpositivität adressiert fundamentale gemeinschaftliche Prinzipien des Zusammenlebens in einer Gesellschaft. Sie ist eine tiefgreifende Antwort auf die Frage wie kollektive Zufriedenheit möglich ist.

Zur politischen Problemlage und gesellschaftlichen Relevanz des Projekts
Die Ambitionen des Projekts Institut für Körperforschung und sexuelle Kultur einen sexpositiven Lernraum zu errichten, lassen sich in ein gesellschaftliches Ringen um Deutungsmacht und um eine emanzipierte sexuelle Kultur, einordnen. Laut Bullough (1976) lassen sich Gesellschaften in mehr oder weniger sexpositiv oder sexnegativ einteilen. Die USA beispielsweise wird als insbesondere sexnegativ ausgezeichnet. Sexnegative Gesellschaften konzipieren sexuelles Verhalten vornehmlich als riskant, problematisch und konfliktbehaftet. In solchen Gesellschaften gibt es eine relativ enge Bandbreite akzeptierter sexueller Handlungen; die Kommunikation über Sexualität ist eingeschränkt. Sexpositive Gesellschaften hingegen erkennen Risiken und Bedenken sexueller Handlungen an, betonen jedoch die Relevanz sexueller Lust, Freiheit, Einvernehmlichkeit und Diversität. In welcher Dimension Deutschland als sexpositiv oder sexnegativ beschrieben werden kann, muss sich erweisen und soll im Folgenden skizzenhaft thematisiert werden.
Die Möglichkeit einer politisch emanzipierten Sexualkultur in Deutschland wird seit mindestens 2014 vehement bedrängt, was insbesondere dann gut erkennbar ist, wenn man sich den Bereich ansieht, in dem eine Gesellschaft ihre Werte der nächsten Generation weitergibt – und das ist der Bereich schulischer Bildung. Am Beispiel der seit 2014 insbesondere umkämpften Sexualerziehung, soll im Folgenden die Etablierung einer wiederbelebten Sexfeindlichkeit veranschaulicht werden, die derzeit weitreichende bildungspolitische Konsequenzen hat.
Indem Ende 2013 in Baden-Württemberg über die Integration sexueller Vielfalt in den Bildungsplan diskutiert wurde, gelang ein Arbeitspapier, welches sich auf Vorschläge und Einsichten aus der Methodensammlung Sexualpädagogik der Vielfalt stützte, an die Öffentlichkeit und wurde als Gesetzesvorlage missinterpretiert. In Reaktion hierauf entwarf ein Realschullehrer die Petition Zukunft – Lernen – Verantwortung: Kein Bildungsplan unter der Ideologie des Regenbogens. Diese Petition unterschrieben ca. 200.000 Personen und sie wurde zum Ausgangspunkt einer Medienkampagne, die letztlich nicht nur das Schulcurriculum einschränkte und rechts-konservativen Gruppen eine Sprache gab, sondern vor allem auch den gesamtgesellschaftlichen Diskurs über Sexualität, Körperlichkeit, romantische Beziehungen, Gender und Sexualerziehung nachhaltig und grundständig verändert hat. Als Resultat haben letztlich auch gutgemeinte Bildungsangebote von öffentlich rechtlichen Einrichtungen dazu beigetragen, sexfeindliche Grundannahmen ins Fundament des kommunikativen Gedächtnisses unserer Gesellschaft einzuarbeiten. An der Rhetorik, in der die Debatte seit 2014/2015 geführt wird, lässt sich nachvollziehen, wie eine Sorge zentrierte, abweisende und feindselige Haltung gegenüber Sex und Sexualerziehung etabliert wurde: »Was Sie noch nie über Sex wissen wollten«, »Lack und Leder auf dem Lehrplan […] Verwirren Pädagogen Kinder mitunter absichtlich bei Sexualfragen?«,»Feministischer Master-Plan zur Entmannung der Gesellschaft. Wer Jungen systematisch ruhig stellt, sät Verstörtheit und Aggression!«, »Porno, Puff und Petting – Hilfe! Mein Kind wird aufgeklärt!«.
Diese Mediankampagne führte zu rechts-konservativen Demonstrationen wie in etwa Demo für Alle oder die von Citizen Go geförderten Bustouren von Hedwig von Beverfoerde, die gleichermaßen Gerüchte sowie Sorgen mit Blick auf eine angeblich missbräuchliche Sexualerziehung, Gender Ideologie und Sextraining unter Minderjährigen schürten. Häufiges Ziel der Attacken ist unter anderem auch der Begriff der Vielfalt. Wovor haben die Personen Angst, die sich von Vielfalt, eben auch von sexueller Vielfalt, bedrängt fühlen, fragt die Friedensliteraturpreisträgerin Carolin Emcke in Gegen den Hass. Und »was ist von einer Ministerpräsidentin im Saarland zu halten, die in einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung vom 3. Juni 2015 vor der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner_innen warnte, weil am Ende „etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen“ nicht auszuschließen seien?« Emcke schreibt, sie beruhige gesellschaftliche Vielfalt, weil sie die demokratische Gesellschaft bestätigt, in der verschiedene Lebensentwürfe möglich sind und anerkannt werden.
Neben den wissenschaftlichen Bestrebungen, den rechts-konservativen, verbal-gewaltvollen Gruppierungen Wissen und Bildung in Form von akademischer Forschung und Informationskampagnen entgegenzusetzen, will das Institut für neue Körperforschung einen praktischen Bildungs- und Kulturbeitrag zu einer aufgeschlossenen und informierten Gesellschaft der Vielfalt und Akzeptanz leisten. Anders als wissenschaftliche Forschungsprogramme und institutionelle  Bildungseinrichtungen fokussieren wir den selbstbestimmten und experimentellen Kontakt zwischen Personen, der durch vielseitig ausgebildete, internationale Professionelle aus den Bereichen Tanz und Performance, Sexualpädagogik, Mediation, Sozialarbeit, Körperarbeit, Sexarbeit, Philosophie, Kampfsport, Sexualwissenschaft und -therapie angeleitet wird. Tätigkeitsbereiche umfassen u.a. Kommunikationstechniken, Arbeit mit Emotionen, Kink und Consciousness, Sexualbiographie, sexuelles Handlungsspektrum, Techniken, Prinzipen und Safety-Standards in BDSM, somatische Intelligenz, Resilienz (->Boris Cyrulnik), Sensibilisierung für Nähe und Distanz, Körperarbeit mit Tanz, Meditation, Yoga und verschiedenen Kunstformen, gesundheitliche Prävention, gemeinschaftliches Lernen sowie Prinzipien und Bedingungen einer Konsenskultur.
Wir glauben, dass Erziehung nicht nur Ansichten formt, sondern auch Körper und deren Wahrnehmung, Begehren und die Interpretation von Emotionen, welche grundlegend für das Verständnis von Bedürfnissen und Handlungsmotivationen sind. Wir sind der Überzeugung, dass die Entwicklung emotionaler Kompetenz einen wesentlichen Einfluss darauf nimmt, inwiefern Personen sich zu ausgeglichenen, zufriedenen und kommunikationsfähigen Individuen entwickeln, oder etwa ein Leben führen, das von Ängsten und Verunsicherung geprägt ist. Wir beobachten, dass sexuelle Orientierung und sexuelle Identität Lebensentscheidungen prägen und deren Bewusstwerdung dadurch umso wichtiger ist. Wir sehen, dass sich sexuelles Verlangen in unbegrenzter Vielfalt zeigt und dass ständig neue Formen von Lustgestaltung entstehen. Es gibt gute Gründe zur Annahme, dass individualgeschichtlich erlittene Traumata transgenerational weitergegeben werden und einen Kreislauf erlebten und reproduzierten Leids in Gang halten (-> Alice Miller). Wir wissen, dass Diskriminierung und Verletzungen persönliche Krisen bis hin zu Selbstmord auslösen können und weitreichende soziale Hilfs- oder Aufarbeitungsprogramme nach sich ziehen. Wir glauben, dass sexuelle Impulse grundsätzlich eine positive Kraft darstellen, solange sie einvernehmlich und bewusst ausgelebt werden. Und wir stellen fest, dass weder moralische Konventionen noch juristische Sanktionen in der Lage sind, das Phänomen sexueller Transgression zu kontrollieren. Im Gegenteil, wir behaupten, dass sexuelle Repression und sexueller Leistungs- und Normierungszwang in ursächlichem Zusammenhang mit zahlreichen gesellschaftlichen Problemen stehen. Wir sind der Überzeugung, dass ein kultiviertes Gemeinwesen jetzt und hier aktiv werden muss.

Problem Nummer 1: Häusliche Gewalt
Gewalt findet vor allem zu Hause statt. In Beziehungen, Familien, Partnerschaften. Wie in den USA, ist eine häufige Todesursache für Frauen zwischen 25 und 45 in Deutschland Tod durch den eigenen Ehemann oder Partner. Menschen sind wütend und wissen nicht mit ihrer Wut umzugehen. Es fehlen Strategien im Umgang mit Aggression, hilflose Kommunikation lässt Konflikte eskalieren. Nachgeben gilt als Schwäche, Beharrlichkeit um jeden Preis als Tugend. Grenzüberschreitendes Verhalten wie Stalking und Gewalt werden im Kontext romantischer Idealisierung missinterpretiert und nicht oder zu spät als problematisch erkannt. Verletzlichkeit wird abgewehrt, Frustration, Ohnmachtsgefühle und oft auch falsche Vorstellungen von Männlichkeit führen zu gewaltvollen Handlungen.
Auch in nicht gewalttätigen Beziehungen gibt es Defizite, konstruktiv zu kommunizieren. Oft herrscht zusätzlich eine sexuelle Sprachlosigkeit, die deutlich macht, wie unsicher Personen als sexuelle Wesen sind. Bindungen sind kompliziert: Sie brauchen Aufmerksamkeit, Pflege und Forschung. Bindungsarbeit benötigt ein empathisches, vorurteilsfreies Umfeld, kompetente Anleitung und geeignete geschützte Räume. Viele Menschen schrecken ganz vor verbindlichen Beziehungen zurück und ziehen rein körperliche oder ausschließlich virtuelle Begegnungen vor: die Angebote der Sexindustrie und die Möglichkeiten der neuen Medien bedienen diesen Bedarf. Eine Sexualkultur darf aber der Sexindustrie nicht überlassen werden, wenn es um ein friedliches und emanzipiertes gesellschaftliches Miteinander als sexuelle Wesen geht. Wieder andere Personen verabschieden sich ganz von der Hoffnung auf sexuellen Lustgewinn – mit der Gefahr eines Aggressionspotentials, das sich in zuvor kaum bekannter Form derzeit in der Involuntary Celibacy Bewegung zeigt (INCEL). Beziehungsforschung und bewusste Sexualität werden als Privatsache behandelt, obwohl die gesellschaftliche Relevanz dieser Themen offensichtlich ist und zum Beispiel überhaupt erst dazu führen konnte, dass der Bundestag nach einer langwierigen Diskussion Vergewaltigung in der Ehe im Juli 1997(!) unter Strafe stellte.

Problem Nummer 2: Missbrauch
Das andauernde Vorkommen von Missbrauchsfällen wie beispielsweise die 2010 aufgedeckten Missbrauchsfälle in Bildungseinrichtungen wie der Odenwaldschule oder die aktuell monierten, zahlreichen Fälle von Grenzüberschreitungen und Vergewaltigungen wie sie u.a in der #Metoo-Debatte oder auch der früheren #Aufschrei-Debatte sichtbar wurden, verweisen darauf, dass staatliche und institutionelle Anstrengungen bisher nicht annähernd ausreichen, um ein sicheres Leben für alle Gesellschaftsmitglieder sicherzustellen. Der Preis dafür ist hoch: Kinder und Erwachsene, denen Missbrauch wiederfährt, tragen die Folgen ein Leben lang. Erlittener Missbrauch bricht mit dem Selbst- und Weltvertrauen und produziert u.a. sexuelle Inkompetenz sowie Gefühle von Isolation, Schuld, Scham, Angst, Wut und Ohnmacht. Die Erfahrung körperlicher Gewalt schreibt sich in die Persönlichkeitsstruktur ein und kann eigene Übergriffe provozieren, sodass sich die erlebte Ungerechtigkeit systematisch fortsetzt.

In dem Aufsatz »Moving Full-Speed Ahead in the Wrong Direction? A Critical Examination of US Sex-Offender Policy from a Positive Sexuality Model«, kritisieren Williams et al. (2015) amerikanische juristische Verfahrensweisen in Bezug auf Sexualstraftaten. Williams et al. argumentieren, dass sich die Verfahrensweisen auf unreflektierte Vorurteile sowie sexnegative Grundannahmen stützen, dass sie Personen ein Leben lang stigmatisieren, vor allem auf harte Strafen setzen und einer wirklichen Verbesserung der Lage damit letztlich entgegenwirken. Dies sind u.a. die Vorurteile, dass alle sexuell straffällig gewordenen Personen gleich seien und aus den gleichen Motiven handelten, dass Bildungs- und Integrationsprogramme nichts nützen würden und dass angehend alle Täter rückfällig werden würden, was sich statistisch nicht bestätigt. Mithin gibt es gute Gründe anzuzweifeln, dass eine Politik, die auf Abschreckung und Bestrafung setzt, die Mittel an der Hand hat, Missbrauch nachhaltig zu bekämpfen. Vielmehr muss an den Ursachen geforscht und im Umgang mit straffällig gewordenen Personen tiefgründiger und nachhaltiger gehandelt werden. Wir fordern, dass die Gesellschaft maximal in die Prävention sexuellen Missbrauchs investiert.

Problem Nummer 3: Geschlechterungerechtigkeit
Martha Nussbaum und u.a. Carolin Emcke beschreiben in der Tradition von Simone de Beauvoir und Judith Butler, inwiefern geschlechtliche Rollen kulturell eingeübt werden. Die rechtliche, wirtschaftliche sowie sexuelle Emanzipation von Frauen und u.a. auch die Erträge der Schwulenbewegung haben zur Entstehung einer Vielzahl neuer Geschlechtsidentitäten beigetragen und ein traditionelles Rollenverständnis vieler Männer erschüttert. Obsolet gewordene juristische oder ökonomische Unterschiede zwischen Männern und Frauen einerseits und eine florierende Entfaltung verschiedener Geschlechtsidentitäten andererseits destabilisieren ein männliches Selbstverständnis, das sich nie zuvor so tiefgreifend und unter so viel gesellschaftlichem Druck selbst befragen musste. Das kommerzielle Festhalten an heteronormativen Rollenbildern und Grundannahmen, also Annahmen, denen gemäß Geschlechtsidentität entweder kategorisch männlich oder weiblich ist, erschwert die emanzipatorische Selbstvergewisserung darüber, was es heißt, sich als männlich zu verstehen. Die Eröffnung körperpraktischer Erfahrungsfelder, innerhalb derer frei mit den Insignien von Männlichkeit und Weiblichkeit gespielt werden darf, bietet die Chance auf eine Abkehr vom sexnegativen Kampf der Geschlechter (im Englischen »The War on Sex«), hin zu geschlechtlicher Vielfalt und einem solidarischen Miteinander.

Problem Nummer 4: Konsum und Umwelt
Unsere mannigfaltigen Erfahrungen mit sexpositiven Räumen zeigen, dass der allgemeine Konsum von Nahrung, Getränken und anderen Genussmitteln in einer solchen Umgebung zurückgeht. Der sinnlich zufriedene Körper ist satt und neigt weniger zur Bedürfniskompensation durch die Zufuhr unnötiger und ungesunder Nahrung. Die Vermutung liegt nahe, das Personen unter dem Einfluss selbstproduzierter, körpereigener Hormone wie beispielsweise Endorphin, Adrenalin und Oxytocin weniger externe Stimuli benötigen, um sich zufrieden zu fühlen. Berührung ersetzt in dieser Hinsicht nicht nur Kalorien, sie besänftigt auch den Hunger nach Aufmerksamkeit und Zugehörigkeit. Sie sättigt den Wunsch nach seelischer Ernährung, den der Konsum materieller Dinge nur oberflächlich stillt. Sie wirkt sozialer Isolation und Konkurrenzdenken entgegen.
Damit gerät eine Politik sexueller Entwicklung und emanzipativer Sexualkultur im Kontext einer konsum- und wachstumsorientierten Gesellschaft jedoch in Konflikt mit wirtschaftlichen Interessen. Im Sinne einer nachhaltig  ökologischen Wirtschaftsweise ist dies  allerdings der richtige Weg. Die Sexindustrie unterwirft sexuelle Interaktionen dem Prinzip von Angebot und Nachfrage.  Sie verstärkt kulturelle Zuschreibungen, die sexuelle Individuen in Abnehmer*innen und Versorger*innen unterteilen und somit einen Markt schaffen, auf dem Geld gegen Attraktivität getauscht wird. Der sexuelle Tauschhandel hält aus Profitinteresse an einem nicht emanzipierten Menschenbild fest, welches ungerechte Machtverhältnisse stabilisiert und Diskriminierung und Ausbeutung fördert. Im Unterschied dazu trägt die Erfahrung von Akzeptanz, Unterstützung und Empowerment in sexpositiven Räumen zu einer psychischen Widerstandsfähigkeit bei, die sich positiv auf Selbstwirksamkeitserwartungen, Kreativität, Kompetenz in Krisen und persönliches Glücksempfinden auswirkt. Wir wünschen uns eine Gesellschaft, in der Sexualität nicht privatisiert, verknappt und verkauft wird, sondern geteilt, gefördert und verschenkt wird.

Problem Nummer 5: Kriege und Konflikte
Wer in den Siebziger Jahren mit der Parole »Make Love, not War« für eine gewaltlose Gesellschaft eintrat, konnte leicht  als naiv abgetan werden. Dabei gibt es mittlerweile keinen Zweifel an den verheerenden Folgen von Militärindustrie auf den Klimawandel sowie von militärischen Interventionen auf die individuelle Gesundheit und die Gesundheit des Gemeinwesens. Laut Sidel und Levy (2008) verursachen militärische Interventionen nicht nur Tote, sondern sie zerstören Familien und Gemeinden, sie verursachen Verletzungen, Infektionen, Krankheiten und Epidemien, die Zerstörung von Infrastruktur und dadurch erschwerte medizinische und Lebensmittelversorgung, Unterernährung, die Ausbreitung von Pathogenen und viraler Erreger (zBsp. durch Wasser übertragene Cholera, Dissenterie, Typhus, HIV, Ebola, Masern, Malaria, Tuberkulose), mentales und physisches Leid, sexuellen und physischen Missbrauch, Reproduktionsschwierigkeiten, Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen, Vermögensverlust und Verlust von Perspektiven, Flüchtende und Staatenlose, innerlich deplatzierte Personen, die an erhöhter Sterblichkeit, Behinderungen und dem Verlust finanzieller Möglichkeiten leiden. Im letzten Jahrhundert sind 100 Millionen Personen in Folge militärischer Interventionen gestorben und die WHO geht davon aus, dass Krieg im Jahr 2020 an achter Stelle der weltweit einflussreichsten Faktoren auf Behinderung und Tod stehen wird.

Wider besseren Wissens feiert die globale Popkultur immer noch den unbesiegbaren, in den Kampf ziehenden Helden als Sexsymbol. Politische Akteure sowie geschlechterspezifische Erziehung legitimieren nach wie vor Gewalt als Mittel zur Durchsetzung von Interessen und Lösung von Konflikten. Es gibt sowohl religiöse als auch politische Akteure, die den persönlichen Wunsch nach Anerkennung und Sinn, nach Sex und Liebe für die militärische Austragung ihrer Konflikte instrumentalisieren. Verlierer der Schere zwischen arm und reich kämpfen unter einander um Besitz, Macht und Status. Terroristischen Gewaltausbrüchen wird die Gewalt von Polizei und Armee entgegengesetzt; fast alle historisch einflussreichen deutschen Parteien sind illegal in den Krieg gezogen, das heißt ohne Legitimierung des UN Sicherheitsrats. Wo ist das Anzeichen politischen Strebens nach Frieden? Wann und wo soll es möglich sein, sich ganzheitlich um das leiblich-emotionale Wohlbefinden von Personen zu kümmern, wenn nicht jetzt, 75 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg, 29 Jahre nach dem Kalten Krieg in einem wirtschaftsstarken Deutschland, das besser als die meisten anderen Staaten mit den Folgen der Corona Krise 2020 umgehen kann?
Den frustrierten und gestressten, genuin ans Kämpfen um Anerkennung, Arbeit und Vermögen gewöhnten gesellschaftlichen Akteuren wird ein Angebot gemacht, das im gleichen Atemzug moralisch unter Strafe gestellt wird: die Ware Sex anbieten oder nachfragen. Eine Gesellschaft ohne Sexarbeit gab es wahrscheinlich nie und es lässt sich nur darüber spekulieren, inwieweit Sexarbeit in friedensfernen Gesellschaften noch zum Besseren beiträgt. Am aktual-politischen Umgang mit Sexarbeit und der Nichteinbeziehung Professioneller in die Gesetzgebung, lässt sich jedoch weder eine Anerkennung der Arbeit, noch des Stellenwerts von Sex, Begehren, Berührung und Körperlichkeit im weitesten Sinne, ablesen. Mit dem Prostituiertenschutzgesetz wurden die Bedingungen für Sexarbeitende erschwert, die Verpflichtung einer offiziellen Registrierung trägt zur Stigmatisierung bei. Sexarbeit gebührt Respekt und professionelle Unterstützung, anstelle zunehmend restriktiver Gesetzgebung.

Die meisten dieser Probleme scheinen gesellschaftlich als unveränderlich oder gar naturgegeben angesehen zu werden. Wir widersprechen dieser Einschätzung. Wir betrachten die genannten Probleme als von Menschen gemacht und daher auch als von Menschen lösbar. Die Ergebnisse unserer Arbeit der letzten 15 Jahre legen nahe, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität der Gesellschaft wichtige neue Impulse geben kann und in all diesen Fragen Lösungspotential bietet. Aufgrund der zentralen Rolle des Körpers in der Gesellschaft definiert unserer Ansicht nach gerade der Umgang mit dem Thema Sexualität wie aufgeklärt, zukunftsorientiert und nachhaltig eine Gesellschaft handelt. Sexuelle Selbstbestimmung ist Teil des menschlichen Strebens nach Freiheit, Glück und Autonomie. Der Phänomenbereich von Gefühlen, Leiblichkeit, Begehren, Zuneigung, Identität und Miteinander gehört zusammen. Mit Martha Nussbaum gesprochen kann es sich »keine Gesellschaft leisten diese Gefühle [der Sympathie und Fürsorge] nicht zu kultivieren.« Die kultivierte Wiederinbesitznahme des eigenen sexuellen Körpers ist sowohl Teil der individuellen Selbstwerdung als auch der Selbstwerdung eines Gemeinwesens. Es wird höchste Zeit diesen Prozess der Emanzipation nicht länger einzuschränken, sondern ihn aktiv zu gestalten.

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Literaturhinweise:
Bullough, V. L. (1976). Sexual variance in society and history. Chicago: University of Chicago Press-
Emcke, Carolin (2013), Wie wir begehren, 3. Aufl., Frankfut/Main: Fischer, 2016.
Emcke, Carolin (2015), Weil es sagbar ist. Über Zeugenschaft und Gerechtigkeit, 4th ed.,     Frankfut/Main: Fischer, 2013.
Sherkat, D. E., & Ellison, C. G. (1997). The cognitive structure of a moral crusade: Conservative Protestantism and opposition to pornography. Social Forces, 75(3), 957–980-
Tuider, Elisabeth/ Dannecker, Martin (2016): Das Recht auf Vielfalt. Aufgaben und     Herausforderungen sexueller Bildung. Göttingen: Wallstein Verlag.
Weitzer, R. (2006). Moral crusade against prostitution. Society, 43(3), 33–38.
Williams, DJ and Jeremy N. Thomas, Emily E. Prior, Wendy Walters, » Introducing a Multidisciplinary Framework of Positive Sexuality«, in: Journal of Positive Sexuality, Vol. 1, February 2015.
Williams, DJ, Thomas, Jeremy N., Prior, Emily E., »Moving Full-Speed Ahead in the Wrong Direction? A Critical Examination of US Sex-Offender Policy from a Positive Sexuality Model«, Springer Science+Business Media Dordrecht, 2015
Printmedien
Berliner Zeitung (16.02.2018): Sex-Broschüre für Kita-Kinder.
BILD (26.04.2014): Lesen Sie mal, was Lehrer unseren Kindern heute über Sex beibringen müssen.
BILD Hamburg (02.11.2014): Noch mehr Sex-Schund an Hamburger Schulen.
CDU (21.10.2014): Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) „Sexualpädagogik der Vielfalt“ – Werden Hamburgs Schüler zu früh unangemessen sexualisiert?
Etschenberg, K. (2014): interview „Das ist Sexualisierung“, in: Die Junge Freiheit (14.11.2014)
FAS (12.10.2014): Unter dem deckmantel der Vielfalt.
FAZ (23.10.2014): Aufklärung oder Anleitung zum Sex?
FAZ (11.11.2014): Angts vor ‚Pornographisierung‘ der Schule
Fleischhauer, J. (28.10.2014): S.P.O.N. – Der Schwarze Kanal – Oralsex fü den Siebtklässler
Freie Welt (24.10.2014): Moderne Sexualpädagogik verwischt Grenze zum Missbrauch.
HNA (30.06.2014): Von Dildos und Liebeskugeln. Kasseler Soziologin schlägt in Buch zur Sexualpädagogik Aufgaben für Jugendliche vor, die es in sich haben.
Junge Freiheit (2014): Sie verführen unsere Kinder.
Kelle, B. (2015): Interview „Der gender-Wahn muss beendet werden“, in: Die Freie Welt (03.03.2015)
Petition „Zukunft – Verantwortung – Lernen: Kein Bildungsplan unter der Ideologie des Regenbogens.
Rörig. J.-W. (16.02.2015): Sexualpädagogik hat grenzen. Das Thema Sex im Schulunterricht darf das Schamgefühl der Kinder nicht verletzten. Sonst können sie leichter Opfer von Missbrauch werden.
Soldt, R. (01.04.2015): Kultusminister Stoch will keine „Frühsexualisierung“.
Spiegel Online (19.03.2015): Sexualkundeunterricht: Schüler sollen Pornos schauen.
SZ-Magazin (05.12.2014): Die nackte Wahrheit. Lernen Kinder in der Schule zu früh zu viel über Sex?

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IKSK - what is it all about?
by Anna Mense & Felix Ruckert

The vision
Historically, the body is a complex problem area within which extensive discrimination and extensive exclusion and sanctioning mechanisms have taken place. These include discrimination (i) of skin colour and blood in the form of racism, (ii) of gender in the form of sexism, (iii) of desire in the form of homophobia, (iv) of age in the form of age discrimination, and (v) of diminished performance in the form of ableism. These are both historical and contemporary phenomena that separate members of a national or global society. Likewise, these phenomena point to the central role of the body in society and they motivate the question why corporeality and the relationship to one's own body and to the body of others is so problematic that injustice has been systematically and structurally produced across generations and cultural communities.

The Institute for New Body Research and Sexual Culture believes that the elementary experience of physical plurality, i.e. plurality and diversity with regard to, among other things, ethnic origin, body shape, age, gender identity and sexual orientation, promotes the acceptance of otherness and diversity in general. This holds out the possibility that the acceptance of diversity concerning the body can also contribute to the solution of other social conflicts, such as in the areas of socio-economic injustice, social segregation, gender orientated violence or crime. The philosopher and war journalist Carolin Emcke points out in her text Against Hatred with reference to Hannah Arendt that the genesis of self- and foreign understanding takes place in the process of interaction. Persons establish their identity, including their sexual identity, not for themselves alone in isolation, but in interaction with other persons. According to Emcke, there is a particular vulnerability in this dependence on each other.

This results in the necessity of a multifaceted learning space, within which, on the one hand, the possibility is given to experience, explore and develop the individual physical self relationship. On the other hand, such a learning space enables physical encounters between persons in order to promote physical understanding of others. For this reason, it is worthwhile to have a self-experiential space such as the private bedroom, which among other things offers the possibility of autoeroticism, at least not categorically separated from a protected semi-public area where encounters between several people are possible. Successful physical and sensual encounters arise on the basis of cultivated strategies of action from the interaction process of self-understanding and understanding others.

The perspectives, skills and insights required to establish such a sex-positive learning space show that sex-positivity is not sufficiently determined when reference is made solely to the appreciation or promotion of sexual acts. Sexpositivity as an attitude and socio-political stance, addresses the questions of how we want to be and live with each other, how we can make and maintain connections and how we can enjoy and joyfully experience ourselves and each other in society. A sex positivity integrated in this sense addresses fundamental community principles of living together in a society. It is a profound answer to the question of how collective satisfaction is possible.

On the political problems and social relevance of the project
The ambitions of the Institute for Body Research and Sexual Culure to establish a sex-positive learning space can be placed in a social struggle for the power of interpretation and an emancipated sexual culture. According to Bullough (1976), societies can be divided into more or less sex positive or sex negative. The USA, for example, is labelled as particularly sex negative. Sex negative societies conceive sexual behaviour primarily as risky, problematic and conflictual. In such societies there is a relatively narrow range of accepted sexual acts; communication about sexuality is limited. Sex-positive societies, on the other hand, acknowledge the risks and concerns of sexual acts, but emphasize the relevance of sexual pleasure, freedom, consent and diversity. It remains to be seen in which dimension Germany can be described as sex-positive or sex-negative, and this will be outlined below.
The possibility of a politically emancipated sexual culture in Germany has been vehemently pressed since at least 2014, which is particularly evident if one looks at the area in which a society passes on its values to the next generation - and that is the area of school education. Using the example of sex education, which has been particularly hard-fought over since 2014, the following will illustrate the establishment of a revived hostility towards sex, which currently has far-reaching educational policy consequences.

When the integration of sexual diversity into the education plan was discussed in Baden-Württemberg at the end of 2013, a working paper based on suggestions and insights from the collection of methods Sexual Pedagogy of Diversity was made public and was misinterpreted as a draft law. In reaction to this, a secondary school teacher drafted the petition Future - Learning - Responsibility: No educational plan under the ideology of the rainbow. This petition was signed by about 200,000 people and became the starting point of a media campaign which ultimately not only restricted the school curriculum and gave right-wing conservative groups a language, but above all changed the entire social discourse on sexuality, physicality, romantic relationships, gender and sexual education in a lasting and fundamental way. As a result, well-intentioned educational programs offered by public institutions have ultimately contributed to the incorporation of anti-sexist basic assumptions into the foundation of the communicative memory of our society. The rhetoric in which the debate has been conducted since 2014/2015 shows how a concern-centered, dismissive and hostile attitude towards sex and sex education has been established: "What you never wanted to know about sex", "Lacquer and leather on the curriculum [...] Do educators sometimes deliberately confuse children on sexual issues? Whoever systematically silences boys sows distraction and aggression", "Porn, puffing and petting - help! My child will be educated!".
This media campaign led to right-wing-conservative demonstrations such as Demo für Alle or the Citizen Go-sponsored bus tours of Hedwig von Beverfoerde, which stirred up rumours and concerns about allegedly abusive sex education, gender ideology and sex training among minors. One of the frequent targets of the attacks is the concept of diversity. What are the people who feel oppressed by diversity, including sexual diversity, afraid of, asks peace literature prizewinner Carolin Emcke in Gegen den Hass. And "what do you think of a Prime Minister of the Saarland who, in an interview with the Saarbrücker Zeitung of 3 June 2015, warned against opening marriage to same-sex partners, because in the end "a marriage between close relatives or of more than two people" cannot be ruled out? Emcke writes that it reassures social diversity because it confirms a democratic society in which different ways of life are possible and recognised.
In addition to the scientific efforts to counteract the right-wing-conservative, verbally-violent groupings with knowledge and education in the form of academic research and information campaigns, the Institute for Body Research wants to make a practical educational and cultural contribution to an open-minded and informed society of diversity and acceptance. In contrast to academic research programs and institutional educational institutions, we focus on self-determined and experimental contact between individuals, guided by multifaceted, international professionals from the fields of dance and performance, sex education, mediation, social work, bodywork, sex work, philosophy, martial arts, sexual science and therapy. Areas of activity include communication techniques, work with emotions, Kink and Consciousness, sexual biography, sexual action spectrum, techniques, principles and safety standards in BDSM, somatic intelligence, resilience ( -> Boris Cyrulnik) sensitization for closeness and distance, body work with dance, meditation, yoga and various art forms, health prevention, community learning as well as principles and conditions of a consensus culture.
We believe that education not only shapes views, but also the body and its perception, desire and the interpretation of emotions, which are fundamental to understanding needs and motivations for action. We are convinced that the development of emotional competence has a significant influence on the extent to which people develop into balanced, content and communicative individuals, or lead a life marked by fear and uncertainty. We observe that sexual orientation and sexual identity shape life decisions and that awareness of these is therefore all the more important. We see that sexual desire shows itself in an unlimited variety and that new forms of pleasure are constantly emerging. There are good reasons to assume that traumas suffered by individuals are passed on transgenerationally and keep a cycle of experienced and reproduced suffering going ( -> Alice Miller). We know that discrimination and injuries can trigger personal crises up to and including suicide and result in far-reaching social assistance or reappraisal programmes. We believe that sexual impulses are fundamentally a positive force as long as they are lived out consensually and consciously. And we note that neither moral conventions nor legal sanctions are able to control the phenomenon of sexual transgression. On the contrary, we maintain that sexual repression and the compulsion to perform and standardise are causally linked to numerous social problems. We are convinced that a cultivated community must take action here and now.

Problem Number 1: Domestic Violence
Violence takes place mainly at home. In relationships, families, partnerships. As in the USA, a common cause of death for women between 25 and 45 in Germany is death by one's own husband or partner. People are angry and do not know how to deal with their anger. There is a lack of strategies for dealing with aggression, helpless communication lets conflicts escalate. Giving in is considered weakness, persistence at all costs a virtue. Cross-border behaviour such as stalking and violence are misinterpreted in the context of romantic idealisation and are not or too late recognised as problematic. Vulnerability is fended off, frustration, feelings of powerlessness and often false ideas of masculinity lead to violent actions.
Even in non-violent relationships there are deficits in communicating constructively. Often there is also a sexual speechlessness, which makes it clear how insecure people are as sexual beings. Attachments are complicated: they need attention, care and research. Attachment work requires an empathic, unprejudiced environment, competent guidance and suitable protected spaces. Many people shy away completely from binding relationships and prefer purely physical or exclusively virtual encounters: the offers of the sex industry and the possibilities of the new media meet this need. However, a sexual culture must not be left to the sex industry when it comes to peaceful and emancipated social interaction as sexual beings. Still others say a complete goodbye to the hope of sexual pleasure - with the danger of a potential for aggression, which in a previously little-known form is currently manifesting itself in the Involuntary Celibacy Movement (INCEL). Relationship research and conscious sexuality are treated as a private matter, although the social relevance of these topics is obvious and, for example, could lead to the fact that the Bundestag, after a lengthy discussion, made marital rape a punishable offence in July 1997 (!).

Problem Number 2: Abuse
The continuing occurrence of cases of abuse, such as the cases of abuse in educational institutions like the Odenwaldschule discovered in 2010, or the numerous cases of border transgressions and rape recently criticized, as they became visible in the #Metoo debate or the earlier #Outcry debate, indicate that state and institutional efforts have not nearly been sufficient to ensure a safe life for all members of society. The price for this is high: children and adults who are subjected to abuse bear the consequences for a lifetime. Abuse breaks with self- and world-confidence and produces, among other things, sexual incompetence as well as feelings of isolation, guilt, shame, fear, anger and powerlessness. The experience of physical violence inscribes itself into the personality structure and can provoke its own attacks, so that the injustice experienced systematically continues.
In the essay "Moving Full-Speed Ahead in the Wrong Direction? A Critical Examination of US Sex-Offender Policy from a Positive Sexuality Model", Williams et al. (2015) criticize American legal procedures with regard to sexual crimes. Williams et al. argue that the procedures are based on unreflected prejudices and sex negative assumptions, that they stigmatize people for life, that they rely mainly on severe punishment and that they ultimately counteract a real improvement of the situation. These are, among other things, the prejudices that all sex offenders are equal and act from the same motives, that education and integration programmes are of no use and that all offenders will relapse, which is not confirmed statistically.
 There are therefore good reasons to doubt that a policy based on deterrence and punishment has the means to combat abuse sustainably. Instead, research must be conducted into the causes and more profound and sustainable action must be taken when dealing with people who have committed crimes. We demand that society invest as much as possible in the prevention of sexual abuse.
Problem number 3: Gender injustice
In the tradition of Simone de Beauvoir and Judith Butler, Martha Nussbaum and Carolin Emcke, among others, describe the extent to which gender roles are rehearsed culturally. The legal, economic and sexual emancipation of women and, among other things, the proceeds of the gay movement have contributed to the emergence of a multitude of new gender identities and have shaken a traditional understanding of roles among many men. Obsolete legal or economic differences between men and women on the one hand and a flourishing development of different gender identities on the other destabilise a male self-image that has never before had to question itself so profoundly and under so much social pressure. The commercial adherence to heteronormative role models and basic assumptions, i.e. assumptions that according to gender identity are either categorically male or female, makes it more difficult to emancipate oneself from the self-assurance of what it means to see oneself as male. The opening up of practical fields of experience within which the insignia of masculinity and femininity can be freely played with offers the chance to turn away from the sex-negative struggle of the sexes (in English "The War on Sex") towards gender diversity and a solidary coexistence.

Problem Number 4: Consumption and Environment
Our manifold experiences with sex-positive spaces show that the general consumption of food, drinks and other luxury items in such an environment is declining. The sensually satisfied body is full and less inclined to compensate for its needs by consuming unnecessary and unhealthy food. It can be assumed that people under the influence of self-produced endogenous hormones such as endorphin, adrenaline and oxytocin need fewer external stimuli to feel satisfied. In this respect, touch not only replaces calories, it also calms the hunger for attention and belonging. It satisfies the desire for spiritual nourishment, which the consumption of material things only superficially satisfies. It counteracts social isolation and competition.
However, a policy of sexual development and emancipative sexual culture in the context of a consumption- and growth-oriented society comes into conflict with economic interests. In terms of a sustainable ecological economy, however, this is the right way forward. The sex industry subjects sexual interactions to the principle of supply and demand.  It reinforces cultural attributions that divide sexual individuals into buyers and suppliers, thus creating a market where money is exchanged for attractiveness. Sexual bartering holds on to a non-emancipated image of humanity out of profit interests, which stabilizes unjust power relations and promotes discrimination and exploitation. In contrast, the experience of acceptance, support and empowerment in sex-positive spaces contributes to psychological resilience, which has a positive effect on expectations of self-efficacy, creativity, competence in crises and personal happiness. We wish for a society in which sexuality is not privatized, scarce and sold, but shared, promoted and given away.

Problem Number 5: Wars and Conflicts
Those who stood up for a non-violent society in the seventies with the slogan "Make Love, not War" could easily be dismissed as naive. In the meantime, there is no doubt about the devastating consequences of military industry on climate change and of military interventions on individual and community health. According to Sidel and Levy (2008), military interventions not only cause deaths, but also destroy families and communities, cause injuries, infections, diseases and epidemics, destroy infrastructure and make medical and food supplies more difficult, cause malnutrition, the spread of pathogens and viral agents (e.g., the virus of the immune system), and cause the death of children. (e.g. water-borne cholera, dissenteria, typhoid, HIV, Ebola, measles, malaria, tuberculosis), mental and physical suffering, sexual and physical abuse, reproductive difficulties, depression, post-traumatic stress disorders, loss of wealth and prospects, refugees and stateless, internally displaced persons suffering from increased mortality, disabilities and loss of financial opportunities. In the last century, 100 million people have died as a result of military intervention and WHO estimates that war will be the eighth most influential factor in disability and death worldwide by 2020.
Against better knowledge, global pop culture still celebrates the invincible, battle-ready hero as a sex symbol. Political actors and gender-specific education continue to legitimize violence as a means of asserting interests and resolving conflicts. There are both religious and political actors who instrumentalize the personal desire for recognition and meaning, for sex and love, for the military settlement of their conflicts. Losers of the gap between rich and poor fight among themselves for possessions, power and status. Terrorist outbreaks of violence are countered by the violence of the police and the army; almost all historically influential German parties have entered the war illegally, i.e. without the legitimacy of the UN Security Council. Where is the sign of political striving for peace? When and where should it be possible to take holistic care of the physical and emotional well-being of people, if not now, 75 years after the Second World War, 29 years after the Cold War, in an economically strong Germany that will be better able than most other countries to deal with the consequences of the Corona crisis in 2020?
The following offer is made to the frustrated and stressed social actors, genuinely accustomed to fighting for recognition, work and wealth, which is morally punished in the same breath: offer or demand the commodity of sex. A society without sex work probably never existed, and one can only speculate about the extent to which sex work still contributes to the betterment of societies far from peace. However, the current political approach to sex work and the non-inclusion of professionals in the legislation does not indicate any recognition of the work or the value of sex, desire, touch and physicality in the broadest sense. The Prostitution Protection Act has made the conditions for sex workers more difficult, and the obligation of official registration contributes to stigmatisation. Sex work deserves respect and professional support instead of increasingly restrictive legislation.

Most of these problems seem to be socially regarded as unchanging or even natural. We disagree with this assessment. We regard the problems mentioned as man-made and therefore also as man-made solutions. The results of our work over the last 15 years suggest that the examination of the topic of sexuality can give society important new impulses and offer potential solutions to all these questions. Due to the central role of the body in society, we believe that it is precisely the way in which the topic of sexuality is dealt with that defines how an enlightened, future-oriented and sustainable society acts. Sexual self-determination is part of the human striving for freedom, happiness and autonomy. The cultivated repossession of one's own sexual body is part of both the individual self-realization and the self-realization of a community. It is high time to stop restricting this process of emancipation and to actively shape it.

The phenomena of feelings, physicality, desire, affection, identity and togetherness belong together. As Martha Nussbaum put it, "no society can afford not to cultivate these feelings [of sympathy and care]".



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References
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Emcke, Carolin (2013), Wie wir begehren, 3. Aufl., Frankfut/Main: Fischer, 2016.
Emcke, Carolin (2015), Weil es sagbar ist. Über Zeugenschaft und Gerechtigkeit, 4th ed.,     Frankfut/Main: Fischer, 2013.
Sherkat, D. E., & Ellison, C. G. (1997). The cognitive structure of a moral crusade: Conservative Protestantism and opposition to pornography. Social Forces, 75(3), 957–980-
Tuider, Elisabeth/ Dannecker, Martin (2016): Das Recht auf Vielfalt. Aufgaben und     Herausforderungen sexueller Bildung. Göttingen: Wallstein Verlag.
Weitzer, R. (2006). Moral crusade against prostitution. Society, 43(3), 33–38.
Williams, DJ and Jeremy N. Thomas, Emily E. Prior, Wendy Walters, » Introducing a Multidisciplinary Framework of Positive Sexuality«, in: Journal of Positive Sexuality, Vol. 1, February 2015.
Williams, DJ, Thomas, Jeremy N., Prior, Emily E., »Moving Full-Speed Ahead in the Wrong Direction? A Critical Examination of US Sex-Offender Policy from a Positive Sexuality Model«, Springer Science+Business Media Dordrecht, 2015
Printmedien
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BILD (26.04.2014): Lesen Sie mal, was Lehrer unseren Kindern heute über Sex beibringen müssen.
BILD Hamburg (02.11.2014): Noch mehr Sex-Schund an Hamburger Schulen.
CDU (21.10.2014): Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) „Sexualpädagogik der Vielfalt“ – Werden Hamburgs Schüler zu früh unangemessen sexualisiert?
Etschenberg, K. (2014): interview „Das ist Sexualisierung“, in: Die Junge Freiheit (14.11.2014)
FAS (12.10.2014): Unter dem deckmantel der Vielfalt.
FAZ (23.10.2014): Aufklärung oder Anleitung zum Sex?
FAZ (11.11.2014): Angts vor ‚Pornographisierung‘ der Schule
Fleischhauer, J. (28.10.2014): S.P.O.N. – Der Schwarze Kanal – Oralsex fü den Siebtklässler
Freie Welt (24.10.2014): Moderne Sexualpädagogik verwischt Grenze zum Missbrauch.
HNA (30.06.2014): Von Dildos und Liebeskugeln. Kasseler Soziologin schlägt in Buch zur Sexualpädagogik Aufgaben für Jugendliche vor, die es in sich haben.
Junge Freiheit (2014): Sie verführen unsere Kinder.
Kelle, B. (2015): Interview „Der gender-Wahn muss beendet werden“, in: Die Freie Welt (03.03.2015)
Petition „Zukunft – Verantwortung – Lernen: Kein Bildungsplan unter der Ideologie des Regenbogens.
Rörig. J.-W. (16.02.2015): Sexualpädagogik hat grenzen. Das Thema Sex im Schulunterricht darf das Schamgefühl der Kinder nicht verletzten. Sonst können sie leichter Opfer von Missbrauch werden.
Soldt, R. (01.04.2015): Kultusminister Stoch will keine „Frühsexualisierung“.
Spiegel Online (19.03.2015): Sexualkundeunterricht: Schüler sollen Pornos schauen.
SZ-Magazin (05.12.2014): Die nackte Wahrheit. Lernen Kinder in der Schule zu früh zu viel über Sex?




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